Erst kürzlich sprachen wir mit Norbert Rier über die Botschaft hinter dem titelgebenden Song des neuen Albums “Friedensadler” und über das Spatzenfest. Nun führte Martina Mack ein weiteres, sehr spannendes Interview mit dem Frontmann der Kastelruther Spatzen… der dabei sehr offen über sein Privatleben, das Geheimnis seiner glücklichen Ehe, Gesundheit und natürlich auch die Kastelruther Spatzen sprach.
Sie haben wieder ein neues Album aufgenommen mit dem Titel „Friedensadler“. Wie kam es zu diesem Titel?
Es ist ein aktuelles Thema. Alle wollen Frieden, deshalb passt der Titel „Friedensadler“ sehr gut. Es geht um eine kleine Taube, die die Friedensbotschaft einem Adler übergibt, weil es für sie zu schwierig ist. Der größere Adler hat dann den Auftrag, sich um den Frieden zu kümmern. Es ist ein schönes Lied mit einer starken Botschaft. Eigentlich wollten wir zuerst das Lied „Mein Südtirol“ zum Titelsong machen. Das wäre typischer für die Kastelruther Spatzen gewesen, aber das hatten wir schon recht oft. Deshalb haben wir uns dieses Mal anders entschieden und den „Friedensadler“ genommen.
Welcher Titel ist für Sie am emotionalsten auf dem Album?
Mich berührt das Lied „Danke“ sehr stark. Man bedankt sich bei all den Menschen, die im Hintergrund überall arbeiten und oft übersehen werden. Aber natürlich gibt es noch ein paar andere Titel, die bewegend sind. Auch das Lied „Der Sieger hat viele Freunde.“ Da geht es darum, dass man meistens dann viele Freunde hat, wenn es gut läuft, wenn es dagegen schlechter geht, sind einige ganz schnell wieder weg.
Wofür sind Sie dankbar im Leben?
Ich bin für alles dankbar, was ich erleben durfte. Dieser große Erfolg, den wir haben, dafür kann man gar nicht oft genug danke sagen – zum einen an die Fans, aber auch an alle, die im Hintergrund arbeiten. Meine Familie hat immer alles mitgetragen, war sehr tolerant, obwohl sie oft auf mich verzichten musste. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe schon als Kind gelernt, danke zu sagen. Ich habe auch versucht, an meine Kinder weiterzugeben, dass das Wort „danke“ etwas sehr Wichtiges ist. Besonders dankbar bin ich für meine Gesundheit. Nichts ist selbstverständlich. Ich habe nach meiner Herz-Operation erlebt, wie schwach ich war, und wie hilflos – das war ein Schock für mich. Und ich bin auch dankbar dafür, dass ich das Glück hatte, in so einer wunderschönen Gegend aufwachsen zu dürfen. Wenn ich oben auf der Alm stehe bei herrlichem Wetter, und den Blick rundum genießen kann, dann ist das unbezahlbar.
Sie sagten, dass die Familie oft auf Sie verzichten musste – können Sie das an Ihren Enkeln wieder ein bisschen gutmachen?
Das versuche ich schon immer wieder. Mit den Enkeln ist es heute anders. Aber meine Frau und die Kinder hatten früher wirklich nicht viel von mir. Damals haben wir auch sonntags gespielt. Das haben wir jetzt anders organisiert. Die Sonntage gehören uns, da spielen wir höchst selten oder gar nicht. Auch der ganze Rummel, das drumherum, dass man, egal, wo man hingeht, angesprochen wird, das war für die Kinder nicht immer so einfach. Sie haben trotzdem von Anfang an immer hinter der Musik gestanden. Sie haben sich über unseren Erfolg mitgefreut und uns unterstützt.
Würden Sie heute alles genauso machen?
Wenn ich zurückschaue, und alles Revue passieren lasse, würde ich es wieder so tun. Wir haben zur richtigen Zeit das Richtige gemacht.
Sie haben es geschafft, die erfolgreichste Volksmusikgruppe aller Zeiten zu werden. Wie realisieren Sie, dass Sie seit Ihrem ersten Hit 1983 „Das Mädchen mit den erloschenen Augen“ mehr als 700 Lieder gesungen haben…
Das ist eine unglaubliche Zahl. Es kamen uns einige Zufälle zu Hilfe wie damals, als wir 1990 den Grand Prix der Volksmusik gewonnen haben. Auch als die Mauer gefallen ist, haben sich für uns viele Tore geöffnet. Wir haben dann viele Konzerte in den neuen Bundesländern gespielt. Mit dem Lied „Das Mädchen mit den erloschenen Augen“ hat alles angefangen. Danach ging es bei uns erst langsam, aber dann umso dynamischer los. Noch heute ist es so, dass ich irgendwo hinkomme, wo ein Lied läuft, dass mir zwar bekannt vorkommt – bis ich dann merke, dass das ein Song von uns ist. Bei so vielen Liedern kann das schon mal passieren (lacht).
Die Leidenschaft ist immer noch groß, Sie brennen nach wie vor für Ihre Musik…
Auf jeden Fall. Jede neue Aufnahme ist eine Herausforderung. Und ich bin jedes Mal gespannt, wie es wird, wenn die Produktion fertig ist und vor allem, wie die Leute darauf reagieren. Man versucht immer wieder das Beste zu geben. Die Auftritte sind immer wieder ein Erlebnis. Mir geht das Herz auf, wenn ich sehe, wie die Fans sich freuen und uns feiern. Trotzdem fällt es mir mit zunehmendem Alter immer schwerer, die weiten Strecken zu fahren. Es ist oft schwierig mit dem Verkehr, den vielen LKW’s auf der Autobahn umzugehen. Ich merke schon, dass ich älter werde. Zuhause die Arbeit, die oft körperlich schwer ist. Ich spüre, dass mein Akku nicht mehr so voll ist wie früher. Vom Alter her ist das nicht ungewöhnlich. Albin ist der älteste von uns, er wird nächstes Jahr 70 Jahre alt. Da kann man einfach nicht mehr so fit sein wie als junger Mensch.
Hätten Sie früher gedacht, dass Sie in diesem Alter noch auf der Bühne stehen würden?
Nein, das hätte keiner von uns gedacht, dass der Erfolg so lange anhalten würde und dass unsere Musik so erfolgreich läuft. Aber die Nachfrage ist nach wie vor groß. Wir spielen im Jahr etwa 70 Konzerte.
Wie lange wollen Sie noch spielen?
Die Frage ist berechtigt, aber ich kann es nicht sagen. Früher dachte ich immer: Wenn ich mal 50 Jahre bin, dann ist Schluss. Das ist schon eine Weile her. Ich bin gerade 64 geworden. Ich bin der Meinung, solange wir Freude daran haben, und unsere Fans Freude an uns, ist das okay. Ich könnte mir nicht vorstellen, noch auf der Bühne zu stehen, wenn es mir überhaupt keinen Spaß mehr machen würde. Das würde auch das Publikum merken. Klar, gibt es immer mal Zeiten, wo man nicht so gut drauf ist, aber da muss man sich dann zusammennehmen. Das Publikum kann nichts dafür, wenn man vielleicht andere Sorgen, Probleme oder Stress hat. Bis jetzt läuft es recht gut und wir sind dafür sehr zufrieden und dankbar.
Wie schwer ist es für Sie, loszulassen?
Es ist unser Lebenswerk und dieses Lebenswerk loszulassen, ist sehr schwer. Es hängt auch sehr viel dran. Auch die Arbeitsplätze der Leute, die von Anfang an dabei sind, ob es die Sekretärin ist oder andere Mitarbeiter. Wir haben auch eine Verpflichtung und Verantwortung diesen Menschen gegenüber. Es wäre deshalb für uns wichtig, dass wir genau den richtigen Augenblick für unseren Abschied treffen würden.
Würden Sie dann eine Abschiedstournee machen?
Wir würden nur dann eine Abschiedstournee machen, wenn wir uns wirklich verabschieden würden. Das wäre dann definitiv unsere letzte Tournee. Bei anderen Künstlern hat uns das nicht gefallen, dass sie sich von ihren Fans verabschieden mit einer großen Tour und dann immer wieder ihr Comeback feiern. Das ist unglaubwürdig. Wenn wir gehen, dann für immer. Aber noch ist es nicht so weit. Es kann natürlich auch passieren, dass wir aus gesundheitlichen Gründen aufhören müssen, wenn einer von uns krank werden würde. Die Situation kann sich von heute auf morgen verändern, das ist uns bewusst. Aber im Moment ist alles noch gut.
Ihre Herz-Probleme sind seit längerer Zeit überstanden…
Mein Herz ist in Ordnung. Ich hatte vor kurzem mit einer Sommergrippe zu kämpfen. Das hat sich etwas hingezogen, weil ich mir keine Ruhe gegönnt und es nicht richtig auskuriert habe. Ansonsten bin ich recht zufrieden, was meine Gesundheit angeht.
Muss Ihre Frau manchmal ein Machtwort sprechen, wenn Sie sich keine Ruhe gönnen?
Das macht sie schon immer wieder, Isabella passt auf mich auf, dass ich mir nicht zu viel zumute. Auf dem Hof gibt es immer Arbeit, die körperlich mal schwerer und mal leichter ist. Ich neige dazu, über meine Kräfte zu gehen und muss noch besser lernen, Stress abzubauen. Oft kommen Dinge zusammen, man ist dadurch gestresst oder lässt sich zu sehr stressen und das ist sehr ungesund.
Sie sind inzwischen stolzer Großvater von vier Enkelkindern. Wie oft sehen Sie die Kinder?
Ich versuche schon, regelmäßig Zeit mit ihnen zu verbringen. Es sind drei Jungs und ein Mädchen, Clara. Sie ist die jüngste mit mittlerweile eineinhalb Jahren. Clara ist das Kind meiner jüngsten Tochter Anna. Schauen wir mal, ob sich die Familie noch vergrößert und weitere Kinder dazukommen (lacht). Mein ältester Enkel Noah, der Junge meines Sohns Alexander ist schon 19 Jahre alt. Auch wenn Alexander mit Noahs Mutter nie richtig zusammen war, haben wir einen wunderbaren Kontakt zu Noah. Das war von Anfang an so. Meine beiden anderen Enkel heißen Peter und Willi. Peter ist 9 und Willi ist 7 Jahre alt. Sie sind die Söhne meiner älteren Tochter Marion. Die Familie wächst, das ist ein schönes Gefühl und die Enkel genießt man ja noch mehr.
Ihr Enkel Noah interessierte sich früher sehr für Ihren Hof. Ist das noch immer so?
Ja, Noah ist genauso wie Alexander und ich es früher war, zu 100 Prozent Bauer. Der Beruf des Landwirts wäre schon sein Ding. Aber er lebt in Österreich, in der Nähe von Salzburg und hat gerade erst seine Ausbildung als Maurer abgeschlossen. Zuvor hatte er die Landwirtschaftsschule besucht. Noah ist sehr fleißig, und kommt auch von Zeit zu Zeit auf den Hof, um uns zu helfen. Wir werden sehen, wie sich das alles entwickelt.
Wird Ihr Sohn Alexander den Hof bald übernehmen?
Wir führen darüber Gespräche und sind dabei, das baldmöglichst, zu klären. Das ist ein Prozess und der dauert natürlich auch seine Zeit. Es wäre schon mein Wunsch, aber es ist nun einmal auch nicht so, dass meine Wünsche immer in Erfüllung gehen. Das Leben ist kein Wunschkonzert. Alexander hilft auf dem Hof mit und unterstützt uns. Aber er liebt natürlich auch seine Musik. Wir werden sicher eine Entscheidung finden, die für alle stimmig ist.
Eines der neuen Lieder heißt: „Die Welt braucht neue Träume“. Warum ist gerade in dieser Zeit die heile Welt so wichtig?
Ein Stück heile Welt ist für uns alle wichtig, nicht nur in Krisenzeiten. Das betone ich auch immer wieder bei meinen Konzerten. Wenn wir auftreten, sollen sich die Leute zurücklehnen und einfach nur genießen. Für diese Zeit können sie sich in ihren Gedanken, in ihrer Fantasie die heile Welt herbeisehnen. Abschalten vom Alltagsstress ist so wichtig. In unserer technisierten Zeit haben wir viel zu viel Hektik und Stress, viel Erfolgsdruck, gerade die jungen Leute stehen dauernd unter Strom. Die Digitalisierung empfinde ich als Fluch und Segen zugleich. Jeder fühlt sich irgendwo überwacht und von allen Seiten beobachtet, als würde er in einem Glashaus sitzen. Für viele ist das sehr belastend. Deshalb ist es schön, wenn man mal loslassen und sich auch einmal ein bisschen in eine bessere Welt träumen kann. In diesen Zeiten, wo man täglich von Gewalt und Hass liest, braucht man einfach auch wieder die schönen Momente in seinem Leben.
Die Kastelruther Spatzen sind bekannt dafür, dass sie Texte und Themen haben, die mitten aus dem Leben gegriffen sind…
Richtig. Aber wir wissen natürlich auch, dass wir die Welt nicht verändern können. Trotzdem reicht es manchmal schon, wenn wir einen Anstoß geben können, dass man über das ein oder andere nachdenkt und versucht, die Dinge ein bisschen lockerer und gelassener anzugehen. Es sind einfach zu viele Probleme im Moment, mit denen sich Menschen auseinandersetzen müssen. Ob das der Klimawandel ist oder Kriege. All das kommt zu den normalen Problemen, die jeder hat, noch dazu. Viele werden damit nicht mehr fertig und stehen dann kurz vor dem Burn-out. Sie wissen nicht mehr weiter, können irgendwann gar nicht mehr abschalten. Deshalb ist die Musik so heilsam, man kann ein bisschen entspannen und sich daran freuen.
Hatten Sie damals auch einen Burn-out, der schließlich zu ihrem Herzinfarkt geführt hat?
Man weiß es nicht genau, aber Stress ist in jedem Fall kontraproduktiv. In meinem Fall hat die Herzklappe Probleme gemacht. Bei meinen Vorsorgeuntersuchungen war das aufgefallen. Es hatte sich sozusagen angekündigt und irgendwann war es dann so, dass ich operiert werden musste. Warum sich die Herzklappe aufgelöst hat, weiß man nicht. Stress steht an erster Stelle, das ist sehr ungünstig. Ich weiß das, ich habe sehr stressig gelebt, und hatte ja auch eine Art Doppel-Leben. Ich war immer unter Druck, hatte die Musik, die Auftritte und die Fahrten dahin und auf der anderen Seite die Arbeit als Landwirt auf dem Hof. Oft bin ich erst morgens heimgekommen nach einem Konzert, habe mich dann umgezogen und bin direkt auf die Wiese gegangen, um zu mähen, oder im Stall weiter zu arbeiten.
Sie haben sich also gar keine Ruhepausen gegönnt?
Nein, ich habe damals sehr wenig geschlafen. Aber früher hat mir das nicht so viel ausgemacht. Mittlerweile merke ich das schon deutlich. Manchmal ist mein Akku einfach leer und ich habe das Gefühl, ich bin total ausgelaugt. Wenn ich dann Freunde im gleichen Alter frage, höre ich, dass es ihnen genauso geht. Das beschäftigt mich dann schon, dass ich kräftemäßig einfach nicht mehr so kann, wie ich gerne möchte.
Sie singen auf dem Album das Lied „Lass uns wieder tanzen“. Sind Sie ein guter Tänzer?
Ja, ich tanze für mein Leben gerne und war in meiner Jugendzeit auch in einer Volkstanzgruppe. Bei Veranstaltungen haben wir oft Tänze aufgeführt. Tanzen ist ja auch sehr gesund, nicht nur aus sportlicher Sicht, sondern auch für die Psyche. Die Menschen sind beim Tanzen fröhlich und gut gelaunt. Es macht Spaß, deshalb tanzen meine Isabella und ich so oft es geht. Sie ist eine gute Tänzerin und diese Momente sind ganz besonders für uns. Wir haben nicht so viel Zeit tanzen zu gehen, aber wenn irgendwo eine Veranstaltung ist, sind wir die Ersten auf der Tanzfläche.
Seit 41 Jahren sind sie verheiratet. Das gibt es nicht so oft in der Showbranche…
Ja, darauf bin ich sehr stolz. Wir hatten einen schönen Hochzeitstag, sind mit der Familie essen gegangen und haben unser Jubiläum gefeiert. Zum 40. Hochzeitstag, vor einem Jahr, haben wir natürlich ein größeres Fest gemacht. Jetzt, beim 41. haben wir es etwas ruhiger angehen lassen und haben intern ganz entspannt auf unser Glück angestoßen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir nach all den Jahren noch zusammen und noch so glücklich miteinander sind. In der Showbranche ist das tatsächlich nicht selbstverständlich, ich sehe das überall bei den Kollegen, die nicht mehr mit ihrer Partnerin zusammen sind. Auch bei uns in der Band ist das so. Nur Karl und ich sind noch mit der gleichen Frau zusammen. Alle anderen hatten Probleme mit ihren Beziehungen und haben sich getrennt.
Was ist das Geheimnis, warum Sie noch mit Isabella zusammen sind?
Es gehören immer zwei dazu. Ich hatte einfach Glück die richtige Partnerin zu treffen, die verständnisvoll und tolerant ist. Ich hätte keine bessere Frau finden können. Wenn man heiratet, ist man davon überzeugt, dass es passt für das ganze Leben. Ob es wirklich so ist, das zeigt sich erst in den Jahren danach. Man muss gemeinsam wachsen, und sollte nicht wegen jeder Kleinigkeit gleich die Flinte ins Korn werfen. Die Familie, die Kinder haben uns auch zusammengeschweißt. Auch wenn es in der Pubertät zwischendurch Spannungen gibt und es anstrengend werden kann, war die Familie für mich immer das Wichtigste. Ich bin meiner Frau Isabella unendlich dankbar, dass das bisher bei uns alles so gut funktioniert hat. Die Familie ist mein starker Halt, den ich brauche im Leben. Jeder braucht im Leben jemanden, einen Menschen, bei dem er diesen Halt findet.
Wie wichtig sind Ihnen die Hochzeitstage?
Ich finde den Hochzeitstag sehr wichtig. Es ist ein besonderer Tag und ich habe ihn in all den Jahren noch nie vergessen. Natürlich schenke ich meiner Frau auch immer gerne etwas. Obwohl sie gar nicht so auf Schmuck steht, macht es mir Freude, ihr mal eine schöne Halskette zu schenken oder einen dezenten Ring, wie im vergangenen Jahr. Auch die Muttertage oder Geburtstage der Kinder oder meiner Frau sind mir wichtig. Ich habe noch keinen vergessen. Das geht es um Wertschätzung und es würde beim Partner sicher nicht gut ankommen, wenn man einen solchen wichtigen Tag vergisst.
In 41 Jahre Ehe gab es sicher nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen. Wie haben Sie die Tiefen gemeistert?
In dem man sich darauf besinnt, dass man sich dafür entschieden hat, seinen Weg gemeinsam zu gehen – egal, was kommt. In guten wie in schlechten Zeiten, das haben wir uns bei unserer Hochzeit versprochen. Gerade Schicksalsschläge schweißen noch mehr zusammen und sind eine Herausforderung für eine Beziehung. Wir mussten auch gelegentlich wieder neu starten. Das ist nun mal so im Leben. Es läuft nicht immer so wie man es gerne hätte. Umso wichtiger ist es, den Augenblick zu genießen und dankbar für alles zu sein, was man erleben konnte.
Gibt es auch mal Streit mit Ihrer Frau?
Klar, streiten wir auch mal. Aber wir klären Konflikte sofort. Es ist so wichtig, miteinander zu reden. Das Schlimmste wäre doch, wenn man sich verschließen würde. Man kann ruhig auch mal aufbrausen, ein Gewitter reinigt die Luft. Man sollte sich aber nie im Streit trennen oder aus dem Haus gehen. Auch bevor man schlafen geht, sollten alle Unstimmigkeiten und Streitereien aus der Welt geschafft sein.
Sie haben offenbar auch ein gutes Krisenmanagement in der Band – der größte Teil der Musiker ist von Anfang an dabei…
Richtig. Wir halten es mit den Kollegen in der Musik-Gruppe genauso. Das ist auch der Grund, warum wir in all den Jahren zusammengeblieben sind. Wir hatten Gott sei Dank ganz wenige Wechsel in unserer Gruppe. Man muss sich immer aussprechen, wenn es Probleme gibt. Wenn auch mal die Fetzen fliegen, am Ende hat es bisher immer ein Happy End gegeben. Ich gehe Konflikte offensiv an, sowohl in der Beziehung als auch im Umgang untereinander in unserer Gruppe. Gegenseitiges Vertrauen und sich gegenseitig akzeptieren, ist dabei ganz wichtig.
In dem Lied „Eine Frau allein“ geht es um Liebeskummer, ein gebrochenes Herz. Hatten Sie auch mal schlimmen Liebeskummer?
Natürlich. Das war früher schon öfter mal so. Nicht nur vor der Beziehung mit Isabella, auch mit ihr, zum Beispiel vor unserer Hochzeit gab es öfter mal Probleme, Dinge, die sehr weh getan haben. Es gab dann auch Zeiten, wo wir gedacht haben, das passt nicht mehr so zwischen uns. Dann hat man erst einmal drüber geschlafen und nachgedacht. Wir haben viel miteinander gesprochen und mit der Zeit hat sich alles wieder geregelt oder die Vorwürfe haben sich als haltlos herausgestellt. Aufgeben war nie eine Option. Die Versöhnung war dann immer wieder schön. Es tut manchmal auch weh, wenn ich bei den Kindern sehe, wenn Freundschaften auseinander gehen. Da leidet man jedes Mal mit, weil man ja aus eigener Erfahrung weiß, wie schmerzhaft das ist.
Sie haben ein für die „Kastelruther Spatzen“ eher untypisches Lied auf dem Album. Es heißt „Bussi Bussi“. Wie kam es dazu?
Es ist ein lustiges Lied, aber tatsächlich etwas untypisch für uns. Wir haben lange darüber diskutiert, ob wir es auf das Album nehmen sollen. Dem einen wird es gefallen, dem anderen nicht. Das Lied hat eine schöne Melodie und einen guten Text. Ab und zu versuchen wir auch mal etwas anderes zu machen. Schauen wir mal, wie die Leute darauf reagieren. Grundsätzlich versuchen wir aber schon, unserer Linie treu zu bleiben.
Im deutschsprachigen Raum haben Sie Millionen Fans. Wie stolz macht Sie das?
Das macht uns sehr stolz, wenn wir an unsere Anfänge denken, wie sich das alles entwickelt hat, zuerst in Südtirol, dann in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Frühjahr haben wir oft Auftritte in der Schweiz, das ist immer interessant. Wir haben dort viele treue Fans. Früher haben wir uns nicht getraut, in der Schweiz Konzerte zu geben. Es hieß immer, man müsse da viel „Show“ machen, Witze erzählen, richtiges Entertainment. Das haben wir alles eigentlich nie gemacht. Wir hatten uns immer auf unsere Musik konzentriert, versucht, so viel wie möglich zu spielen und die Leute zu unterhalten. Dann haben wir es aber doch gewagt, und sind super angekommen beim Publikum. Wir fahren immer wieder gerne in die Schweiz. Landschaftlich ist das ähnlich wie bei uns in Südtirol, viele schöne Seen, herrliche Berge, ein kleines Stücken Heimat. Und wir freuen uns natürlich genauso, wenn wir nach Österreich kommen oder für unsere Fans in Deutschland auftreten.
Ein Lied heißt: „Ruhe in Frieden droben im Himmel“. An wen denken Sie bei diesem Titel?
Ich denke dabei an alle, die nicht mehr bei uns sind. Mein Vater ist jetzt schon seit 11 Jahren tot. Ich habe auch zwei Geschwister durch Unfälle verloren. Mein Bruder kam mit zwei Jahren unter den Traktor und meine Schwester ist mit elf Jahren auf dem Schulweg gestürzt und hat sich eine Blutvergiftung zugezogen. Sie wurde falsch behandelt und hat nicht überlebt. Auch ein guter Freund von mir ist früh gestorben. Und meine Mutter wurde auch nur 56 Jahre alt. Es ist ein sehr emotionales Lied und natürlich kommen da die Erinnerungen an die geliebten Menschen hoch. Wir gehen auch regelmäßig in die Kirche und danach führt uns unser Weg immer auf den Friedhof. In diesen Momenten der Stille fühle ich mich den Verstorbenen sehr nahe. Natürlich denken wir auch an Karl-Heinz Gross, unseren Manager, der vor vielen Jahren ermordet wurde und dessen Mörder leider immer noch frei herumläuft. Das war eine sehr harte Geschichte, die noch immer unfassbar ist. Aber die Zeit läuft weiter und auch das Leben muss weitergehen.
Sie singen in dem Lied „ Eine Handvoll Himmel“ über Wunder. Glauben Sie an Wunder?
Ja, ich glaube an Wunder – wie auch immer man es sieht. Der eine sieht es als Zufall, der andere als Wunder. Wenn einem etwas passiert oder in der Familie jemandem etwas passiert und es geht am Ende alles gut aus, dann ist das schon eine Art Wunder. Wir sind viel mit dem Auto unterwegs und hoffen immer, dass alles gut geht, aber man hat es nicht immer selbst in der Hand. Vor ein paar Wochen hatte mein Sohn Alexander einen Autounfall, bei dem er zum Glück glimpflich davongekommen ist.
Was ist passiert?
Er war nachts unterwegs, was genau passiert ist, weiß man nicht, vielleicht war es eine Art Sekundenschlaf, einen Moment der Unachtsamkeit. Jedenfalls hat er sich überschlagen, das Auto war Totalschaden und er hat sich eine Gehirnerschütterung und eine Verletzung an der Schulter zugezogen. Das hätte auch ganz anders ausgehen können. In diesem Fall ist wirklich ein Wunder geschehen. Alexander hatte einen sehr aufmerksamen Schutzengel. Ich bin davon überzeugt, dass Schutzengel immer an unserer Seite sind und auf uns aufpassen. Es gibt ja auch diesen schönen Spruch: Fahre nicht schneller, als dein Schutzengel fliegen kann. Den sollte man beherzigen und es nicht herausfordern.
Wie geht es Alexander jetzt?
Er ist noch immer im Krankenstand und muss sich schonen. Arbeiten kann er noch nicht, das Schlüsselbein hat sich etwas verschoben. Schulterverletzungen dauern lange und sind hartnäckig. Das wird schon wieder werden, aber er wird sicher noch lange daran denken und hat hoffentlich auch etwas daraus gelernt.
Das Lied „Die Tränen der Nacht“ ist ein sehr emotionales Lied. Wann fließen bei Ihnen Tränen?
Ich bin sehr emotional, und ich schäme mich meiner Tränen nicht. Oft sind es auch Freudentränen, nicht nur Tränen bei Beerdigungen oder nach Schicksalsschlägen. Natürlich versucht man immer stark zu sein, und viel auszuhalten, aber in manchen Situationen bin ich nah am Wasser gebaut und ich finde, auch Männer müssen mal weinen und ihre Gefühle zeigen dürfen. Manchmal reicht schon ein besonders berührender Film, oder eine bewegende Geschichte, die mich aufwühlt. Oft sind es gerade die harten Männer, von denen man denkt, dass die nichts umhaut, bei denen dann die Tränen fließen.
Mit Liedern wie „Eine Straße ins Glück“ setzen die Kastelruther Spatzen ihrer Heimat Südtirol ein Denkmal? Wie glücklich macht Sie Ihre Heimat?
Meine Heimat ist meine Kraftquelle, mein Rückzugsort. Der Ort, an dem ich mich geborgen fühle. Deshalb verreise ich selten länger als maximal zwei Wochen. Unsere Berge, die Heimat ist tief in unseren Herzen verankert. Auch auf unseren Konzerten zeigen wir immer Bilder aus Kastelruth. Wir sind nach wie vor bodenständig geblieben, pflegen unsere Kultur und unsere Traditionen. Wir tragen voller Stolz noch immer unsere Tracht. Die Heimat ist für jeden Menschen wichtig, weil da die Wurzeln sind.
Könnten Sie sich vorstellen, woanders zu leben als in Ihrer Heimat?
Nein, heute nicht mehr. In jungen Jahren habe ich davon geträumt, wegzugehen. Unser Hof liegt ziemlich steil, in dieser Lage alles zu bewirtschaften, ist recht mühsam. Wenn ich dann die schönen Höfe im Allgäu gesehen habe, die ebenen Flächen, das war wirklich etwas, was ich mir gewünscht hätte. Aber es waren eben Jugendträume. Meine Frau Isabella wollte das nicht, sagte mir gleich, dass ich das vergessen kann.
Vor kurzem konnte man lesen, dass Sie als Nachfolger vom „Bergdoktor“ Hans Sigl gehandelt werden. Was hat es damit auf sich?
Das ist eine nette Geschichte. Ich habe mal gesagt, dass ich gerne die Sendung schaue. Dann hieß es plötzlich, ich wolle den „Bergdoktor“ spielen. Das war sehr lustig, ich hatte schon die ersten Anfragen von Fans, die einen persönlichen Arzt-Termin wollten zum Check-up (lacht). Es hieß dann auch, dass Hans Sigl ohnehin aufhören wollte mit der Sendung und dass ich eigentlich perfekt passen würde in die Rolle.
Könnten Sie sich vorstellen, den „Bergdoktor“ zu spielen?
Ich finde, das ist eine sehr schöne Rolle, ein tolles Familienformat, und die Geschichten gehen immer gut aus. Ich war schon immer ein großer Träumer und habe früher gerne Berg- und Liebesromane gelesen. Ich hatte tatsächlich einmal ein Angebot von einem Schauspieler aus „Dahoam is dahoam“, der für mich ein Drehbuch geschrieben hat. Er hat für mich die Hauptrolle vorgesehen. Es ging um eine Liebe in den Bergen. Ich hätte mich als Pferdezüchter, als Landwirt, in eine Tierärztin verliebt. Vom Drehbuch eine sehr interessante Geschichte. Ich habe darüber nachgedacht, weil es mir sehr gut gefallen hat. Der Produzent hätte alles in die Wege geleitet. Letztendlich habe ich mich dann doch dagegen entschieden.
Warum haben Sie es nicht gemacht?
Meine Frau und ich haben lange darüber gesprochen. Durch die Musik bin ich schon sehr viel unterwegs und auch mit dem Hof noch stark gefordert. Eigentlich ist das Ziel, dass es in meinem Leben etwas ruhiger werden soll, mit der Rolle wäre genau das Gegenteil passiert. Durch die Dreharbeiten wäre es noch mehr geworden, deshalb habe ich mich schweren Herzens dagegen entschieden. Auch als „Bergdoktor“ würde mein Leben sicher noch aufregender werden (lacht). Ich finde, der Hans Sigl macht das gut. Ich habe ihn persönlich noch nie getroffen, aber ich bewundere ihn sehr und glaube, der ist ganz in Ordnung.
Wie geht es bei Ihnen jetzt weiter?
Unser jährliches „Spatzenfest“ steht vor der Tür, da sind wir schon sehr stark in der Vorbereitung. Das ist immer das große Highlight für uns. Wir feiern es dieses Jahr zum 38. Mal. Eigentlich wären es schon das 40. Spatzenfest, aber Corona hat uns für zwei Jahre ausgebremst. Wir werden auch wieder ein paar Weihnachtskonzerte machen. Diese Zeit liebe ich ganz besonders. Dann wird es wieder etwas ruhiger und besinnlicher. Man stellt sich langsam auf Weihnachten ein, diese Zeit hat für mich etwas Magisches.
Ihre Karriere gleicht einem Märchen. Bleiben trotzdem Wünsche offen?
Ich wünsche mir nur, gesund alt zu werden. Ansonsten würde ich mir wünschen, dass wir in der Familie weiterhin alle so gut zusammenhalten und miteinander auskommen. Ich würde mir künftig mehr Zeit für mich und meine Familie wünschen, dass ich mir die Zeit besser einteilen kann. Die Zeit ist immer knapp. Zeit ist für mich der größte Luxus. Materielle Dinge sind mir nicht so wichtig. Die Gesundheit und den Zusammenhalt der Familie, all das kann man sich nicht kaufen!
Haben Sie einen unerfüllten Traum?
Ich bin ein großer Western-Fan. Für mich wäre ein großer Traum, einmal in das Leben von echten Cowboys einzutauchen. Einmal eine gewisse Zeit in den USA auf einer großen Ranch zu leben, das würde mir gefallen. Ich war erst einmal in Amerika, das würde mich ganz sicher gefallen. Vielleicht erfülle ich mir diesen Traum eines Tages.